Der Charme der Dividenden

Unternehmen, die regelmäßig hohe Dividenden zahlen und zugleich wettbewerbsstark sind, bieten Anlegern, die nicht täglich die Börsenkurse studieren möchten gleich zweierlei: regelmäßige Erträge und steigende Aktienkurse.

Zinsen oder Dividenden? Bis vor kurzem war die Antwort klar: Zinsanlagen hatten die Nase vorn, denn die US-Notenbank (Fed) hatte die Zinsen auf 5,5 % hochgetrieben. Seit September 2024 geht der Zug aber wieder in die andere Richtung. Wenn die Zinsen sinken, werden Aktien mit hohen Dividenden wieder interessant, vor allem für Anleger, die nicht täglich die Börsenkurse studieren möchten und die regelmäßige Ausschüttungen schätzen, die sie als zusätzliche Einkommensquelle nutzen. Schon Börsenaltmeister André Kostolany analysierte vor gut drei Jahrzenten: „Hohe Gewinne entstehen an der Börse nicht dadurch, dass die Kurse explodieren, entscheidend sind Dividendenausschüttungen“. Eine bekannte Dividendenstrategie ist die „Dogs-of-the-Dow-Methode“. Sie basiert auf den Ideen von Benjamin Graham und wurde erstmals 1991 vorgestellt.

Die Strategie ist simpel, aber wirkungsvoll: Zu Jahresbeginn werden die zehn Aktien im Dow Jones ausgewählt, die im Verhältnis zum Aktienkurs die höchste Dividendenrendite bieten. Da die Titel häufig unterbewertet sind, werden sie sprichwörtlich als „(Under)Dogs“ bezeichnet. Die Dividenden werden reinvestiert. Das Einzige, was der Anleger machen muss – die Aktienauswahl einmal im Jahr überprüfen und gegebenenfalls anpassen.

Die Grundidee des antizyklischen Ansatzes basiert auf der Beobachtung der „Mean Reversion“, also der Tendenz von Aktien, langfristig zu ihrem Mittelwert zurückzukehren. Man erkannte, dass die Entwicklung der Dividenden konstanter ist als die Entwicklung des Gewinns oder des Umsatzes eines Unternehmens. Eine hohe Dividendenrendite kann deshalb auf eine Unterbewertung hinweisen und darauf, dass der Aktienkurs günstig ist, da sie oft die Folge eines vorausgegangenen Kursrückgangs ist.

Es regnet Geld bei der Dividendenstrategie
Bei der Dividendenstrategie soll es reglemäßig Geld regnen

Die eindrucksvollen Ergebnisse in der Vergangenheit untermauern die Vorteile dieses antizyklischen Ansatzes. Seit dem Jahr 2000 hat diese Strategie den Dow Jones in immerhin 13 von 23 Jahren übertroffen. Im Jahr 2023 lag sie mit einer Rendite von 14,9 Prozent nur knapp hinter dem Index, der um 16,3 Prozent zulegte. Nach Angaben der Société Générale erzielte die Dogs-of-the-Dow-Strategie zwischen 1957 und 2003 eine durchschnittliche jährliche Wertsteigerung von 14,3 Prozent. Damit übertraf sie den Dow Jones um beachtliche drei Prozentpunkte pro Jahr. Ein nicht zu unterschätzendes Risiko bei der Anwendung ist allerdings das Klumpenrisiko. Die Strategie konzentriert sich nur auf zehn ausgewählte Aktien. Dies kann dazu führen, dass das Portfolio dem spezifischen Risiko einzelner Unternehmen oder Branchen ausgesetzt ist. Wenn eines der Unternehmen oder einer der Sektoren, in die investiert wurde, eine schwache Wertentwicklung aufweist, kann dies die Gesamtperformance überproportional negativ beeinflussen.

Bei der ‚Dogs-of-the-Dow-Methode‘ werden die zehn Aktien im Dow Jones ausgewählt, die im Verhältnis zum Aktienkurs die höchste Dividendenrendite bieten. Da die Titel häufig unterbewertet sind, heißen sie ‚(Under)Dogs‘.

Auch andere Strategien ermöglichen ein attraktives Zusatzeinkommen. Da viele US-Unternehmen ihre Dividenden vierteljährlich auszahlen, genügt es oft, in drei gezielte Aktien zu investieren, um jeden Monat Dividenden zu erhalten. Mit einem Depot von 100.000 Euro, das gleichmäßig auf die US-Werte Verizon, Altria und Nexstar Media verteilt ist, lassen sich monatlich rund 500 Euro an Dividenden erzielen. Alternativ könnte ein Anleger auch in Procter & Gamble (Ausschüttungen im Januar, April, Juli und Oktober), Johnson & Johnson (Februar, Mai, August und November) und Coca-Cola (März, Juni, September und Dezember) investieren, sodass jeden Monat eine Auszahlung erfolgt. Ein ähnlicher Effekt lässt sich mit einem Portfolio aus Bristol-Myers Squibb, IBM und Merck & Co. erzielen.

Langfristig orientierte Anleger, die es möglichst unkompliziert halten möchten, können mit dieser Strategie eine attraktive Überrendite erzielen. Die regelmäßigen Dividendeneinnahmen bewirken einen Zinseszinseffekt: Wer vor 20 Jahren in den US-Aktienindex S&P 500 investiert hat, kann heute auf eine Rendite von 400 Prozent zurückblicken. Durch konsequentes Reinvestieren der Dividenden wäre die Rendite sogar auf 650 Prozent gestiegen.

Doch der alleinige Fokus auf die hohe Ausschüttung birgt auch Gefahren. Das hinter einem Unternehmen stehende Geschäftsmodell und die künftigen Ertragsaussichten sind mindestens genauso wichtig. Denn viele Portfoliomanager überschätzen die Dividendenstrategie. Hohe Dividenden finden sich oft in konjunkturabhängigen Branchen wie Banken, Versicherungen, Versorger, Telekommunikation und Grundstoffe – Sektoren, die tendenziell geringeres Wachstum aufweisen und empfindlich auf wirtschaftliche Schwankungen reagieren. Noch schlimmer ist es, wenn Unternehmen ihre Dividenden aus der Substanz bezahlen: Solche Firmen verfrühstücken mit überzogenen Ausschüttungen ihre Zukunft.

Wie anlegen? Anstatt teurer Fonds wollen wir für langfristig orientierte Tachinierer zwei kostengünstige ETFs vorstellen: Wer eine Anlage in deutschen Dividendenaktien präferiert, liegt mit dem iShares DivDax UCITS ETF richtig. Das Papier mit WKN 263527 hat laufende Kosten von 0,31% im Jahr und investiert in 15 gelistete Value-Aktien aus dem Dax mit hoher Dividende. Im letzten Jahr legte das Papier um 16,7% zu. Seit dem Auflagedatum des Datums im Jahr 2005 hat der ETF um 304% zugelegt, der Dax legte im gleichen Zeitraum um 268% zu. Ein Klassiker unter den Dividenden-ETFs ist dagegen der SPDR S+P US Dividend Aristocrats ETF. Die ISIN lautet IE00B6YX5D40, die laufenden Kosten liegen bei 0,35 Prozent im Jahr. In den letzten zwölf Monaten kletterte der ETF um 19,8%, in den letzten zehn Jahren sogar um 123,36%.

Eine Dividendenstrategie macht also nur dann Sinn, wenn das Geschäftsmodell der einzelnen Firmen attraktiv ist, das Management überzeugt und die Bilanz solide ist. Um die guten von den schlechten Dividendenzahlern zu unterscheiden, hilft der Begriff der Dividendenaristokraten weiter. Nach der US-Definition dieses Begriffes sind das jene Unternehmen, die über einen Zeitraum von 25 Jahren immer ihre Dividende bezahlt haben ­– in guten und in schlechten Zeiten. Unternehmen, die ihre Dividenden über den Zeitverlauf steigern können, zeigen eindrucksvoll, wie widerstandsfähig ihr Geschäftsmodell ist. Denn die Dividende ist eine harte Kennzahl, schließlich fließt Cash aus dem Unternehmen. Und wenn Firmen über viele Marktphasen hinweg Geld verdienen und das an die Aktionäre ausschütten, kann das nur gelingen, wenn das Unternehmen weiter wächst. Die Dividende wird also zu einem überzeugenden Qualitätsmerkmal und geht oft einher mit steigenden Aktienkursen.  

Aber ist es eine gute Idee, ausgerechnet jetzt in Dividendenwerte zu investieren? Die Tatsache, dass viele Unternehmen im wachstumsschwachen Europa um ihre Margen fürchten, dürfte auf den ersten Blick dagegen sprechen. Das Volumen der bezahlten Dividende spricht eine andere Sprache. Denn 2024 dürften die Unternehmen weltweit Dividenden im Wert von 1700 Milliarden US-Dollar ausgeschüttet haben. Langfristig orientierte Anleger sollten den Blick Richtung USA lenken. Hier findet sich eine ganze Reihe von Unternehmen, die seit Jahren kontinuierlich eine hohe Dividende zahlen. Bestes Beispiel ist der Konsumwert Johnson & Johnson. Das Unternehmen zahlt seit 62 Jahren kontinuierlich eine Dividende, allein in den letzten zehn Jahren stieg die Ausschüttung jährlich um durchschnittlich 5,5 Prozent.

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